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Reisetagebuch Afrika 2004

August bis Oktober 2004 war ich in Afrika unterwegs. Hier die Berichte dieser eindrücklichen Reise. Wenn Du dich für eine spätere Reise in die Mailingliste eintragen möchtest, darfst Du dies gerne tun:

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3.8.2004 - zu Hause
7.8.2004 - Ouagadougou, Burkina Faso
14.8.2004 - Sokodé, Togo
17.8.2004 - Abidjan, Côte d'Ivoire
17.9.2004 - zu Hause
Meine Reise wird fortgesetzt. Dank beispielhafter Unterstützung durch STA Lausanne kam ich vor nun schon über vier Wochen mit einem einigermassen günstigen Retourflug via Abidjan nach Hause. Die Rückflugdestination habe ich mittlerweile teuer auf Dakar geändert. So werde ich also diesen Samstag nach Dakar fliegen und von dort via Mali nach Ouagadougou reisen um Charlotte Ende September bei ihrer Ankunft abzuholen.

Doch bevor es soweit ist, möchte ich noch ein paar Worte zum Camp in Togo verlieren. Wie bereits erwähnt, gestaltet sich das Unterrichten in Afrika nicht ganz einfach. Die Schulzimmer sind offene Räume ohne Fenster und Türen und die Wandtafeln sind in einem schlechten Zustand. Die Klassen sind, besonders in der Primarschule, enorm gross. Die armen Lehrer, die die kleinsten unterrichteten sahen sich z.T. gegenüber 150 Kindern, die noch nicht gut französisch sprechen und ohne togolesische Autorität nicht im Zaum zu halten sind. Togolesische Autorität beinhaltet für hiesige Lehrer auch Stockschläge. In unserem Fall hat es gereicht, die Togolesen von JSA, der lokalen Partnerorganisation, als Verstärkung in die Klassen zu schicken.
In der Mittelstufe sah es mit Klassen zu 40-60 Schülern schon deutlich besser aus. Effizientes Arbeiten war aber erst mit den Schülern vom Lycée möglich, deren Klassen 3-12 Schüler aufwiesen.
Scheinbar sind sich die Schüler nicht gewohnt, aktiv am Unterricht teilzunehmen. Sie zum Sprechen zu bringen ist keine einfache Aufgabe.

Da die Schüler freiwillig zu uns kamen, waren sie grundsätzlich recht motiviert. Dies half mir etwas über die manchmal auftretenden Probleme hinweg, Autorität aufzubauen. Es waren für mich selbst sehr lehrreiche Lektionen.

Wie ich schon im letzten Bericht geschrieben hatte, bewohnten wir das beste Haus im Dorf mit Veranda und Mauer rund um das grosszügige Grundstück. Dazu kam, dass wegen unserer verschwenderischen Gewohnheiten das Wasser im Dorf etwas knapper wurde. Niemand schien uns diese Dinge übel zu nehmen. Wir wurden immer freundlich behandelt und waren auch ausserhalb der Schule im Dorf willkommen.

Einige kritische Punkte zum Projekt möchte ich nicht unterlassen anzubringen. Wider erwarten meinerseits unterrichteten wir nur Schüler, welche bereits die staatliche Schule besuchten. Die Kinder, welche nicht zur Schule gehen, weil sie für den Unterhalt der Familie arbeiten mussten, erreichten wir nicht. Unsere drei Wochen könnte man als kollektive Nachhilfestunden bezeichnen. Im Unterrichtsplan ist ein solches Sommercamp natürlich nicht vorgesehen und wenn wir im Plan weiterfahren hören die Schüler zweimal dasselbe.
Die französische Gruppe hat einiges an Schulmaterial mitgebracht. Diese Schreiber und Hefter als Geschenke zu verteilen ist in meinen Augen aber heikel. Erstens hatten die Schüler ihre neuen Stifte oft schon einen Tag später nicht mehr, aus welchen Gründen auch immer. Zweitens untergräbt man mit Güterhilfe den lokalen Markt. Wenn wir den Bedarf an Schulmaterial in diesem Dorf für ein Weilchen decken, kann niemand mehr davon leben, es zu verkaufen. Wenn der Vorrat dann mal aufgebraucht ist, gibt es niemanden mehr, der Schulmaterial verkauft.
Ganz ähnlich denke ich auch über TexAid. Afrika mit westlichen Kleidern zu versorgen untergräbt das Geschäft der Schneider. Traditionelle Handgefertigte Kleidung wird so verdrängt. Zudem erhalten die Leute die Kleidung ja doch nicht umsonst, weil diejenigen, welche sie umsonst erhalten die Kleider verkaufen, um etwas Geld zu machen.

Ich möchte hier nicht schwarz malen. Das Camp bleibt mir in sehr guter Erinnerung und ich wäre gerne länger geblieben. Die Gruppe war bunt an Hautfarben und Charakteren. Nur denke ich nicht, dass Afrika oder nur schon dieses Dorf eine Chance verpasst hätte, wenn das Camp nicht stattgefunden hätte. Ich selbst aber hätte eine Chance verpasst, hätte ich nicht teilgenommen.
Ich denke, desillusioniert war ich schon vorher. Es wurde mir in dieser Situation und in Diskussionen aber bewusst, wie heikel Entwicklungshilfe ist und dass man damit unter Umständen mehr Schaden anrichtet, als Hilfe leistet.

Am Samstag der ersten Woche besuchten wir ein Reservat nahe Sokodé und am Abend, gleich nach dem Schreiben des letzten Berichtes, erhielt ich Nachricht vom Tod meines Vaters. Das Camp war für mich vorbei und es wartete eine lange Heimreise auf mich. Wenn die Lösung auch recht schnell schon gebucht war, dauerte es doch fünf Tage, bis ich in Zürich ankam. Unterwegs erlebte ich ein paar sehr typische Dritte-Welt-Müsterchen.
Ein Muster an Etikettpflege, Sportlehrer aus dem Nachbardorf, stellte sich mir vor, weil er einen Schweizer suchte um ein Trikot in die Schweiz schicken zu lassen. Er habe sehr enge Beziehungen mit Schweizern, legt mir als Beweis einen offiziellen Brief vor, welcher einige Kinderpatenschaften bestätigt. Dann nötigte er mich und einen Lehrerkollegen, seine Einladung in die Bar anzunehmen, nur, damit er uns weiterhin die Birne vollquatschen und sich mit Europäern zeigen kann. "Funktionär des Staates" nennt er sich. Etikett über alles. Ein anderer nennt sich Chef Sécurité von Amou Oblo - seine Taschenlampe zeichnet ihn als solchen aus.

Eine andere Episode war die Taxifahrt vom Flughafen Abidjan in die Stadt, wo ich zwei Tage auf meinen Anschluss nach Casablanca warten musste. Afrikanische Flughäfen sind ja bekanntermassen eine grosse Prüfung für Reisende. Der Weg vom Flughafen zum Hotel ist in der Regel eine unsichere und teure Etappe. So versuchte mich mein Taxifahrer nach Strich unf Faden zu verarschen. Den falschen Tarif verdeckte er mit einem Papierknäuel und kaum hatten wir den Flughafen verlassen, versuchte er mich zu einem Pauschalpreis zu überreden, welcher fast das Zehnfache von dem betrug, was der Lonely Planet - ja, manchmal ist er ein echter Segen - als Richtwert angab. Hier konnte ich das Taxi nicht wechseln. Mein Ton wurde gehässiger aber auch nachdem ich seinen Tarifbetrug aufdeckte versuchte er weiter, mich zu veräppeln und hatte im Grunde keine Ahnung, wo mein Hotel war. Schlussendlich stieg dann aus, wo ich ein anderes Taxi nehmen konnte und bezahlte ihm, was ich für angemessen hielt. Soweit so schlecht.
Zugegeben; was wäre eine solche Reise ohne diese kleinen Abenteuer. Man muss eben lernen damit umzugehen. Was mich stört ist eigentlich nur, dass ich gezwungen werde, ein Arschloch zu sein. Nur ungern bin ich unfreundlich zu Leuten, die mir freundlich begegnen, auch wenn Sie nur deshalb so freundlich sind, weil mit mir Geld zu machen ist.
19.9.2004 - Dakar, Senegal
29.9.2004 - Ouagadougou, Burkina Faso
13.10.2004 - Sevaré, Mali
25.10.2004 - Bobo Dioulasso, Burkina Faso



[Sourcecode des Reisebericht-Projektes (Mailinglist,MySQL)]


last update: 14. Mar 21

Author: Alain Brenzikofer